Hier ist der Prinz Leichenpräparator und die Prinzessin Seniorenpflegerin
Jean-Paul Didierlaurent erzählt uns mit seiner Geschichte um den 82-jährigen Samuel Dinsky ein modernes Märchen. Nur wer nach Prinzen auf weißen Pferden oder einer holden Maid in Nöten sucht, der sucht vergeblich. Denn Prinz Ambroise ist in diesem Fall Leichenpräparator (auch wenn er dies vor der Damenwelt immer hinter dem Begriff „Thanatopraktiker“ zu verstecken versucht) – und Prinzessin Manelle Seniorenpflegerin.
Die Auseinandersetzung mit dem Tod führt zu einer Liebe fürs Leben
Mit genau diesen beiden möchte sich der totgesagte Monsieur Dinsky in die Schweiz aufmachen, um dort in einem Hospiz selbst über sein Ende zu bestimmen. Doch auf seiner ungewöhnlichen Reise – an der auch die höchst professionelle Trauerbegleiterin Beth teilnimmt, und die nichts anderes ist als Ambroises Großmutter, die immer schon mal die Schweiz sehen wollte – läuft nichts wie geplant. Im Lauf der vier Tage setzt sich jeder der vier Reisenden mit dem Tod auseinander und findet, wie könnte es anders sein, am Ende das, was ihn das Leben lieben lässt.
Jean-Paul Didierlaurent nähert sich dem Tabu auf sehr charmante Weise
Nun, es ist ein wirklich unerhörter Wunsch, den Samuel Dinsky da äußert! Das Thema der aktiven Sterbehilfe wurde schon in so mancher Form und auf mannigfaltige Weise diskutiert, doch keiner tut es so charmant, wie Jean-Paul Didierlaurent. Er nimmt uns als Leser mit auf diese groteske letzte Fahrt, und genau wie die Reisenden selbst, werden wir eingeladen, uns darüber Gedanken zu machen, was das Leben für uns lebenswert macht. Und er tut das, ohne aufdringlich mit dem Zeigefinger zu winken, oder gar mit dem Zaunpfahl. Er tut es, indem er uns warmherzige und menschliche Charaktere präsentiert, die voll liebevoller Kleinigkeiten und ironischer Eigenarten sind und die einem ans Herz wachsen, sobald sie die Seite betreten. Dadurch gelingt es dem Autor, das Tabuthema Sterbehilfe zu vermenschlichen.
Sehr romantisch, aber eben auch sehr sehr schön
Würde man diese Geschichte unter dem bösartigen Auge des Realismus betrachten, dann könnte man sie als unrealistisch oder gar als zu romantisch bezeichnen. Doch betrachtet man sie als das, was sie ist, nämlich eine moderne Märchenerzählung, dann muss man sagen: Es ist zwar eine Geschichte, die vom Sterben erzählt, aber eigentlich ist es eine Geschichte über das Leben.