Der Neurologe Oliver Sacks ist ein unterhaltsamer Erzähler
Er war einer jener seltenen Wissenschaftler, die weit über den Tellerrand ihres Fachs hinausblicken und das, was sie dabei sehen, auch noch verständlich und unterhaltsam zu beschreiben vermögen. Berühmt wurde der Neurologe und Schriftsteller Oliver Sacks durch seine Fallgeschichten. Unverkrampft und anekdotisch erzählte er von komplexen Krankheiten und holte damit die Betroffenen aus jenen finsteren Ecken, in die die Mehrheit der Menschen sie wegen ihrer irritierenden Fremdheit allzu gerne weg sortiert.
Er holte Phänomene wie Depression und Psychosen aus der dunklen Ecke
Nun, drei Jahre nach seinem Tod, erscheint diese facettenreiche Sammlung noch unveröffentlichter Texte von ihm, in der uns Oliver Sacks eine beeindruckende Vielfalt dessen präsentiert, was ihn beschäftigte. Sie entstammen Aufzeichnungen, die er im Laufe seines Lebens anfertigte. Wenn Oliver Sacks uns an seinem Nachdenken über Phänomene wie Depression oder Psychosen teilhaben lässt, dann beschreibt er sie uns als Eigenheiten, nicht etwa als Defekte oder gar Behinderungen.
Das Individuum ist es, um das es Oliver Sacks stets geht
Nicht nur das Symptom oder die Diagnose interessieren ihn, sondern vor allem auch das Individuum, das Schicksal, das sich dahinter verbirgt. Ganz gleich, ob er sich zum Tourette-Syndrom oder Demenzerkrankungen, zu Träumen oder Halluzinationen äußert, stets rückt er die Frage nach der Humanität ins Blickfeld und stellt unsere althergebrachten Vorstellungen von Normalität in Frage. Dazu gewährt der munter erzählende Wissenschaftler Einblicke in seine persönliche Welt. Seiner Liebe zu Farngewächsen und Gingkobäumen widmet er sich ebenso wie seiner favorisierten körperlichen Betätigung: Oliver Sacks schwamm gerne in natürlichen Gewässern. Wenn man davon liest, ertappt man sich dabei, selbst gerne schnell mal kurz in einen See springen zu wollen.