Herr Herbst, Sie haben neben vielen anderen Hörbüchern auch Tommy Jauds „Vollidiot“, „Shaun das Schaf“ und „Die Straßenverkehrsordnung“ gelesen. Und nun Kurt Tucholsky. Was reizt Sie an seinen Texten?
Sie sind eine Mischung aus den von Ihnen genannten Büchern. Tucholsky kann derb sein, infantil, politisch. Er hat uns immer was zu sagen, und das auch heute noch, 80 Jahre nach seinem Tod. Mich begleitet er seit meiner Jugend. Schon in der Schule, in Kabarett-Projekten, begeisterte er mich mit seiner Schärfe, seiner Beobachtungsgenauigkeit, seinem anspruchsvollen Witz.
Wenn Sie es in zwei, drei Adjektiven ausdrücken müssten: Wie spricht man Tucholsky?
Schnörkellos, direkt, hochachtungsvoll.
Neben amüsanten Stücken, wie etwa dem über die neugierige Postbeamtin, die jeden Brief öffnet, finden sich auch nachdenkliche und herrlich bösartige auf Ihrer CD: In „Interview mit sich selbst“ lässt Tucholsky einen „Meister des Erfolgs“ sagen, man müsse sich beugen, Kompromisse machen im Leben, wenn man Erfolg wolle. – Sie sind sehr erfolgreich. Haben Sie sich auf dem Weg dorthin, wo Sie jetzt stehen, jemals gebeugt und Kompromisse gemacht?
Ich bin noch nie eingeknickt, hab mein Rückgrat nie an der Garderobe abgegeben. Dennoch bedarf es in meinem Beruf natürlich einer gewissen Begabung, im Team spielen zu können. Einer harten Auseinandersetzung muss am Ende mindestens der kleinste, gemeinsame Nenner folgen. Da beugt man sich dann schon, buckelt aber noch nicht.
Hat sich an Ihrer Einstellung dazu, was man für Erfolg tun muss, seit Ihren Anfängen als Schauspieler etwas verändert – immerhin waren Sie auch mal Bank-Azubi?
Sicher das Einzige, was ich mit Tucholsky gemein habe, ist der Versuch, als Jurist Fuß zu fassen. Das war nämlich der Plan nach der Banklehre. Zum Glück war mein Gefühl dafür, was ich eigentlich will, schon damals ganz gut ausgeprägt. Das ist ein Schlüsselmoment in meinem Leben. In sich hineinzuspüren, was man wirklich will, sich nicht korrumpieren lassen, sein Ego zuweilen in die Schranken verweisen – das schadet mir auch heute nicht.
Wenn Sie an Ihre Hörerinnen und Hörer denken: Was meinen Sie, welches ist die ideale Hörsituation, um Tucholsky, gesprochen von Herbst, zu genießen?
Beim Bügeln, mit einem Gläschen Wein, auf der Autofahrt … Spaß macht er immer.