Ian McEwan gelingt es, den Brexit in eine brillante Satire zu packen
Ian McEwan ist ein Kandidat für den Literaturnobelpreis. Sollte noch irgendwer an der gesellschaftlichen Bedeutung seiner Werke zweifeln, der muss seine neue – nur 100 Seiten umfassende Erzählung – lesen. „Die Kakerlake“ befasst sich mit einem Thema, das Ian McEwan in keinem seiner jüngsten großen Interviews auslassen konnte, obgleich es in diesen Gesprächen oftmals um völlig andere Dinge ging: Es ist der Brexit, der Ian McEwan herumtreibt. Doch weil der große britische Romancier auch ein glänzender literarischer Entertainer ist, erzählt er seine Brexit-Story auf ziemlich besondere Weise.
Nach seiner Verwandlung ist Jim plötzlich der mächtigste Mann Englands
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Jim Sams, der viele Jahre seines Lebens entweder ignoriert oder von seinen Mitbürgern sogar gleich von Herzen gehasst wurde. Doch eines Tages erwacht er und stellt fest: Er ist der mächtigste Mann Großbritanniens – er ist Premierminister! Und er hat einen großen Auftrag: Der Wille des Volks soll Wirklichkeit werden.
Jim wird den Willen des Volks gegen alle Widerstände durchsetzen
Jim Sams hat lange genug unter seinem Außenseitertum gelitten. Deshalb ist sein Wille, auch Unmögliches möglich zu machen, besonders stark: Nichts und niemand wird ihn daran hindern, seinen Plan durchzuziehen. Nicht die Politiker der Opposition und nicht die falschen Freunde aus seiner eigenen Partei. Und schon überhaupt gar nicht die lästigen Gesetze der westlichen Demokratien. Was für Jim Sams und England beginnt, ist eine vollkommen irre, an vielen Stellen leider sehr wahre Geschichte.
Ian McEwans Humor ist tiefschwarz und sehr nahe bei der Wahrheit
Mit seiner Erzählung trifft Ian McEwan ins Herz des Brexit-Theaters. Es ist eine deutlich von Franz Kafkas „Die Verwandlung“ inspirierte Politsatire. Es ist ein Buch, das einen zu einem Lachen bringt, das einem unversehens im Hals stecken bleibt. Denn das Schlimme ist ja: Wir alle Teil sind dieser furchterregenden Geschichte.