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Wenngleich Schriftsteller bei ihren Lesungen meist umstrahlt vom Glanz des Glamours die Bühne betreten – hinter der Bühne geht es oft ganz unglamourös zu. Jörg Steinleitner berichtet von eigenen nackten Tatsachen, aber auch von den Erfahrungen weltbekannter Kollegen wie Dieter Hildebrandt und Jörg Maurer. Eine wichtige Frage hierbei ist: Wer gewinnt im Wettstreit um die Lesung mit den wenigsten Zuschauern?

Wenn Sie einem nackten Schriftsteller aufm Klo begegnen – Steinleitners Kolumne über das knallharte Showbiz Literatur

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Mit Jörg Maurer tausche ich mich nicht nur über Mordmethoden aus

Es ist noch gar nicht lange her, da saß ich mit Jörg Maurer bei mir am Küchentisch. Nachdem wir, wie wir es immer tun, einige Takte geschuhplattelt und uns über interessante neue Mordmethoden ausgetauscht hatten, trafen wir uns bei einem Gesprächsthema, das uns Schriftsteller Zeit unseres Lebens immer wieder bewegt: Wer den Rekord hält, was die am schlechtesten besuchte Lesung angeht und was sich Lesungsveranstalter alles einfallen lassen, um einem den Auftritt zu erschweren.

Passanten überzeugten sich vom austrainierten Zustand unserer Körper

In diesem elitären Kreis der Buchliebhaber und Leser meiner Kolumne darf ich es ruhig enthüllen: Wenngleich Schriftsteller bei ihren Lesungen meist umstrahlt vom Glanz des Glamours die Bühne betreten – hinter der Bühne geht es gelegentlich ganz unglamourös zu. Einmal wurden ich und meine Mit-Künstler, die Schauspielerin Victoria Mayer und der Musiker Helmut Sinz, von einem Veranstalter eingeladen, der uns auf die Frage, wo wir uns vor dem Auftritt umziehen könnten, auf das Treppenhaus verwies. Als ich fragte, ob wir in diesem Treppenhaus bitte noch einen Stuhl haben könnten, wurde uns mitgeteilt, dass Stühle grundsätzlich nicht im Gestaltungskonzept des Treppenhauses vorgesehen seien. So standen Victoria, Helmut und ich kurz darauf in Unterwäsche im Treppenhaus. Da es draußen bereits dunkelte und das Treppenhaus über große Fensterscheiben verfügte, konnten sich vorbeiziehende Passanten vom austrainierten Zustand unserer Körper überzeugen.

Die Fliesenfugen sind wichtig für die Qualität einer Lesung

Ein anderes Mal erschien uns die Position der eigens für uns aufgebauten Bühne im Verhältnis zum Publikum als ungünstig: Mein Musiker Helmut Sinz hätte seine Kunst hinter einer Säule verrichten müssen. Als wir vorschlugen, die Bühne etwas zu verschieben, wurden wir darauf hingewiesen, dass die Bühnenkanten dann aber nicht mehr parallel zu den Fugen des gefliesten Bodens verlaufen würden.

Erfahrungsgemäß beeindruckt es Besucher von Lesungen auch extrem, wenn sie einen einen Schriftsteller – ehe sie ihn auf der Bühne bestaunen – bereits auf der Toilette im Adamskostüm antreffen. Mir ist dies bereits mehrmals passiert, weil ich mich nirgendwo anders umziehen konnte. Um nicht noch vor dem Auftritt als Exhibitionist festgenommen zu werden, habe ich mir angewöhnt, mich in solchen Fällen anderen Toilettengästen kurz mit den Worten vorzustellen: „Guten Tag, mein Name ist Jörg Steinleitner, ich bin der Schriftsteller, der hier heute auftritt.“

Der absolute Minus-Rekord an Zuschauern ist nicht zu toppen

Vermutlich hat der berühmte Dieter Hildebrandt irgendwann im Laufe seiner Karriere die Lust an derartigen Unterhosen-Begegnungen mit Fans verloren. Jedenfalls, so erzählte es mir eine befreundete Veranstalterin, habe er ihr, als er erkannt habe, dass ihm keine eigene Toilette zur Verfügung steht, den Auftritt verweigert. Wenn es denn kein Märchen ist, so soll er sich nur zu der Lesung breitschlagen haben lassen, weil ihm die Veranstalterin versprach, ihm die schönsten Frauen des Abends zuzuführen.

Erfahrungsgemäß ist es sehr gut, wenn einer Lesung viele schöne Frauen beiwohnen. Gut ist es, wenn überhaupt viele Zuschauer kommen und weniger gut, wenn es fast gar keine sind. Lange Zeit dachte ich, dass ich mit einem Auftritt vor sieben Zuschauern am Abend eines S-Bahn-Streiks einsamer Spitzenreiter unter den vorlesenden Schriftstellern sei. Allerdings behauptete Jörg Maurer beim bereits erwähnten Kaffee, er sei in seinem ersten Leben als Musikkabarettist einmal vor nur vier Gästen aufgetreten. Er wisse aber von einem Kollegen, der habe am Veranstaltungsort vom zuständigen Hausmeister den Schlüssel für den Saal ausgehändigt bekommen mit der Ansage: Es sei nicht mit Publikum zu rechnen, aber falls noch jemand käme, könne er die Leute ja reinlassen. Es sei dann tatsächlich niemand gekommen. Der Kollege habe dann aber trotzdem das Programm komplett gespielt, weil er nicht auf die Gage habe verzichten wollen.

P.S.: Literaturfans, die sich vom austrainierten Körper Jörg Steinleitners und seines Co-Autors Matthias Edlinger überzeugen wollen, haben dazu am 23. März im Münchner Volkstheater bei der Premiere von „AMBACH – Die Krimi-Show“ die Chance. Weitere Termine finden Sie hier.

P.P.S.: Der auf obigem Foto abgebildete Schriftsteller ist Jörg Steinleitner im Jahr 2001. Er sieht heute ein wenig anders aus.

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Jörg Steinleitner

Geboren 1971, studierte Jörg Steinleitner Jura, Germanistik und Geschichte in München und Augsburg und absolvierte die Journalistenschule. Er veröffentlichte rund 25 Bücher für Kinder und Erwachsene. Steinleitner ist seit 2016 Chefredakteur von BUCHSZENE.DE und lebt mit Frau und drei Kindern am Riegsee.

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