Was „Das Institut“ mit der Netflix-Serie „Stranger Things“ zu tun hat
Pünktlich zur Ankündigung der vierten Netflix-Staffel von „Stranger Things“ erreicht Stephen Kings Roman „Das Institut“ die deutschen Buchläden. Amerikanische Kritiker schrieben über die Serie, sie sei wie „die Show, die Steven Spielberg und Stephen King niemals gemacht haben“. In der Tat ist „Das Institut“ eine Hommage an die Serie und darüber hinaus finden sich zwischen Serie und Buch einige Parallelen. Zum Beispiel kreisen beide Plots um Kinder mit paranormalen Fähigkeiten, die für militärische Zwecke missbraucht werden. Trotz Gemeinsamkeiten unterscheiden sich die Handlungen aber stark voneinander.
Stephen Kings Hauptfigur ist ein arbeitsloser Ex-Polizist
Die Story von „Das Institut“ beginnt mit einem Ex-Polizisten: Tim wurde wegen eines Schusses, den er unter Alkoholeinfluss im Dienst abgegeben hat, suspendiert. Da die Geschichte weite Kreise zog, findet Tim in seiner Heimat keine neue Arbeit und beschließt als Tramper nach New York zu reisen, um sich dort um eine neue Anstellung zu bemühen. Das Schicksal verschlägt ihn in die kleine verschlafene Stadt DuPray und er heuert als Nachtklopfer, also als Wachmann auf unterster Hierarchie-Ebene an. Wir folgen Tim durch seine ersten Arbeitstage und sind dabei, wie er neue Freunde gewinnt. In den Folgekapiteln geht es um den Teenager Luke. Tim sehen wir erst im letzten Drittel wieder.
„Das Institut“ entführt Kinder für skrupellose Menschenversuche
Luke ist ein hochbegabter Junge in der Pubertät, der über paranormale Fähigkeiten verfügt: Er kann Türen zufallen lassen oder leere Kekspackungen rein durch die Kraft seiner Gedanken verschieben. Diese seltene Begabung bleibt auch den Mitarbeitern des „Instituts“ nicht verborgen, weshalb sie Luke eines Nachts entführen und dessen Eltern töten. Luke landet im Institut und trifft dort auf weitere Kinder, die entführt wurden und nun für militärische Zwecke missbraucht werden. Die Kinder werden unmenschlich behandelt, erhalten Spritzen und müssen viele Tests absolvieren. Um die Kinder gefügig zu machen, schrecken die Mitarbeiter des Instituts auch vor körperlicher Gewalt nicht zurück. Unter den Kindern gibt es das Gerücht, dass es einen Hinterbau gibt, in welchem Probanden nach einigen Testreihen verschwinden und nie wieder auftauchen. Luke befürchtet, auch dort zu landen und schmiedet einen gefährlichen Fluchtplan.
Der paranormal begabte Teenager Luke und Polizist Tim werden ein Team
Tatsächlich gelingt es Luke, aus dem Institut zu entkommen, aber seine Mitarbeiter heften sich ihm an den Fersen. Sie wollen den Jungen töten, damit er die Geheimnisse rund um das Institut nicht preisgibt. Bei seiner spektakulären Flucht landet Tim in DuPray und trifft dort auf den Nachtwächter Tim, der ihm die Geschichten rund um das Institut, seine Menschenversuche und die paranormalen Fähigkeiten glaubt. Gemeinsam schmieden sie einen Plan: Sie wollen dafür sorgen, dass Luke den Jägern endgültig entkommt und die anderen Kinder gerettet werden. Doch die Dinge entwickeln sich etwas anders als von Luke und Tim erhofft und so kommt es zu einem spektakulären Showdown beim Institut.
„Das Institut“ lässt einen über Terrorismus und Staatsgewalt nachdenken
Obwohl die Handlung rund um das Institut und die Kinder mit den paranormalen Fähigkeiten auf den ersten Blick sehr abstrus und konstruiert wirkt, gelingt es Stephen King dank seiner bildhaften Erzählweise Schauplätze, Charaktere und Geschehnisse glaubwürdig darzustellen. Besonders die detaillierteren Beschreibungen der unmenschlichen Tests an den Kindern und die körperliche sowie psychische Gewalt, denen sie ausgesetzt sind, sind schockierend und regen zum Nachdenken an. Ich habe mich beim Lesen mehrfach gefragt, wie weit ein Staat gehen würde um Terrorismus zu verhindern und denke, dass Stephen Kings Szenario gar nicht so abwegig ist. Gut gefallen haben mir auch die zahlreichen, versteckten Spitzen gegenüber Donald Trump und dessen Politik.
Der Roman überzeugt durch viele authentische Protagonisten
Stephen King bindet sehr viele Protagonisten in seine Handlung ein. Egal, ob es sich um die Bewohner von DuPray handelt, die Kinder und wechselnden Schichtarbeiter im Institut oder jene Menschen, denen Luke auf seiner Flucht begegnet, der Erzähler spart nicht an Charakteren. Das macht die Handlung authentisch. Stephen King verleiht jeder Figur eine eigene und ganz persönliche Note. Im Laufe der Handlung lernen wir viele der Protagonisten näher kennen und können dadurch somit ihre Verhaltensweisen und Ansichten besser verstehen. Die Informationen über ihre Lebensumstände und Vergangenheit lassen einige Mitarbeiter sehr menschlich erscheinen, so dass man nicht mehr das Bild eines kinderhassenden Monsters im Kopf hat. Auch unter den Leuten vom Institut hat jeder sein eigenes Päckchen zu tragen und etliche von ihnen sind aufgrund privater Umstände zu dieser Arbeit gezwungen. Es zeugt von Stephen Kings erzählerischer Klasse, dass man sogar für die Bösen und Täter in gewisser Weise Sympathie und Mitgefühl entwickelt.
Dennoch erfordert Stephen Kings Werk auch Durchhaltevermögen
So begeistert ich insgesamt von „Das Institut“ bin, hat mich die zum Teil sehr ausschweifende Erzählweise gestört. Der Autor geht auf sehr viel Belangloses ein, was für den Verlauf der Handlung überhaupt keine Rolle spielt. Anfangs hat mir das noch gefallen, aber mit zunehmender Seitenzahl hat mir diese Tatsache das Lesen so schwer gemacht, dass ich mit mir kämpfen musste, um das Buch nicht zur Seite zu legen. Letztlich war aber meine Neugier, zu erfahren wie es Luke ergehen wird, so groß, dass ich doch weitergelesen habe. Und dies hat sich angesichts des Showdowns am Ende mehr als gelohnt. Denn der ist actionreich und nervenzerreißend spannend und für mich das absolute Highlight des Romans. Stephen King zeigt sich hier brutal und gnadenlos gegenüber seinen Protagonisten. Und man selbst bleibt staunend zurück.
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