Frau Bluhm liest „Das Herz der Zeit – Die unsichtbare Stadt“: 4 von 5 Blu(h)men
Die 15-jährige Lena macht sich über alles und jeden Gedanken
Es gibt so Vieles, was man rückwärts machen kann: Purzelbäume schlagen, lesen, „Anna“ schreiben, warum lässt sich nur die Zeit nicht zurückdrehen? Solche Gedanken kommen der 15-Jährigen Lena aus Monika Peetz‘ „Das Herz der Zeit – Die unsichtbare Stadt“ des Öfteren in den Sinn. Überhaupt macht sich Lena über alles und jeden immer viele Gedanken. So viele, dass alle, von ihrer Tante bis zu ihren Lehrern finden: Lena müsste sich einfach mal ein bisschen besser konzentrieren! Doch wie soll das gehen, wenn man sich stets fehl am Platz fühlt und die Zeit beim Nachdenken fast wie von Zauberhand verstreicht? Kein Wunder, dass man sich nicht auf die häuslichen Pflichten oder die Schulaufgabe in Bio konzentrieren kann. Lenas beste Freundin Bobby hält das für ganz normal für einen Teenager, und doch hat Lena ganz oft das Gefühl, dass mit ihr etwas anders ist, als mit allen anderen. Ein Gefühl, das sie nicht täuscht, wie sie bald herausfindet.
„Die unsichtbare Stadt“ ist der erste Band der „Das Herz der Zeit“-Serie
Monika Peetz stößt uns mit „Die unsichtbare Stadt“, dem Auftakt zu ihrer Reihe „Das Herz der Zeit“, gleich mitten hinein in Lenas Alltag. Da das Mädchen schon als Kleinkind seine Eltern verloren hat, wohnt es bei seiner Tante Sonja und zwei jüngeren Cousinen. Sonja, die sich gerade vom nichtsnutzigen Onkel Hugo scheiden lässt, betreibt ein Lagerhaus, in dem sie die Unterbringung von Dingen anbietet, die nirgends Platz haben. Lena fühlt sich oft genauso ungewollt und fehl am Platze, und so ist das Lagerhaus ihr liebster Ort, um sich vor den ständigen Querelen mit der Tante und den Streichen ihrer „Schwestern“ zurückzuziehen. Doch eines Tages stößt sie in einem der Lagerräume zufällig auf ein Relikt aus ihrer eigenen Vergangenheit: Die Spieluhr, die sie in einer der Kisten findet, erinnert sie an ihre Eltern, und in die Uhr, die im Rücken der Spieluhr versteckt ist, ist ihr Name eingraviert; und dass, obwohl sie laut Kassenbeleg gekauft wurde, bevor Lena überhaupt auf der Welt war! Sofort unternimmt die 15-Jährige mit Hilfe ihrer Freundin Bobby, Wissenschaftsfreak und absolut begeistert von Schauergeschichten aller Art, Nachforschungen. Denn über ihre Eltern weiß sie fast nichts, weil ihre Tante einfach nichts herausließ. Je länger Lena recherchiert, umso mehr Merkwürdigkeiten passieren plötzlich. Und da ist ja auch noch der Junge mit den verschiedenfarbigen Augen, den Lena ständig irgendwo zu sehen glaubt.
Eine magische Uhr macht Lena zur Zeitreisenden
Der außergewöhnliche Chronometer, den Lena findet, spielt in Monika Peetz‘ „Das Herz der Zeit“-Serie eine zentrale Rolle. Das Besondere an ihm ist, dass er die Zeit beeinflussen kann. In der Folge erlebt Lena viele aufregende und gefährliche Dinge. Aber natürlich ist es ihr größter Wunsch herauszufinden, was damals mit ihren Eltern geschah und wie sie es mithilfe der magischen Uhr verhindern kann. Gemeinsam mit dem Zeitreisenden Dante, dem Jungen mit den zwei verschiedenen Augen, wagt sich Lena in die unsichtbare Stadt – die Kommandozentrale der Zeitreisenden. Dort erfährt sie, was es mit Zeitreisen auf sich hat und betritt unter anderem die Zentrale der Agentur für Schicksalsschläge. Diese ermöglicht den Leuten, die es verdienen, zweite Chancen. Doch wie der missmutige Leiter der Beschwerdeabteilung Xander schon anmerkt: Die meisten Menschen wollen sich einfach nicht mehr mit ihrem Schicksal abfinden. Egal was sie haben, sie sind unzufrieden. Allmählich begreift dies auch Lena. Zudem macht auf ihrer Reise in die Vergangenheit die Erfahrung, dass Änderungen nicht immer unbedingt positiv sein müssen, und dass selbst kleinste Eingriffe in den Lauf der Zeit ungeahnte Folgen für die Zukunft haben können.
Erfrischend, warmherzig, witzig – Monika Peetz‘ „Die unsichtbare Stadt“
Natürlich ist das Thema des Buches nicht neu. Diverse Autoren haben sich mit Zeitreisen und ihren Auswirkungen beschäftigt. Auch Filme über diese Thematik gibt es zuhauf. Doch ist Monika Peetz mit „Das Herz der Zeit – Die unsichtbare Stadt“ etwas durchaus Erfrischendes und Neues gelungen. Lena als Protagonistin ist sehr sympathisch und vor allem in den Augen ihrer Altersgenossinnen authentisch. Sie bietet eine schöne Projektionsfläche für das eigene Ich. Welches 15-jährige Mädchen hat sich nicht schon einmal fehl am Platz gefühlt, zwischen all den sozialen Zwängen und Drucksituationen des täglichen Lebenskampfes eines Teenagers? Monika Peetz bringt durch die Wortwahl und die Erwähnung sozialer Medien sehr viel Moderne und Zeitgeist in die Fantasywelt mit ein. Eine Welt, die selbst mir, als Erwachsener, des Öfteren ein Lächeln, und noch viel öfter ein verständnisvolles Seufzen eingebracht hat. Die Geschichte um Lena und ihre Begegnung mit den Zeitreisen ist warmherzig, witzig, und vor allem sehr gut durchdacht und lehrreich. Die Lehre, vielleicht öfter mal damit zufrieden zu sein mit dem, was man hat, kann jedem Erwachsenen gut tun; und die Jugendlichen, an die dieses Buch primär gerichtet ist, bestimmt auch dort abholen, wo sie stehen. Es war schön, sich noch einmal in die Gedankenwelt von damals entführen zu lassen. Ich kann die Lektüre nur von Herzen weiterempfehlen und freue mich schon jetzt auf das Erscheinen des zweiten Bandes der „Das Herz der Zeit“-Reihe im September.