zwischen-den-buechern-jeremias-erdogan

ISBN 978-3734702730

158 Seiten

€ 19,99

Seine Gedichte sind direkt von der Realität inspiriert. Jeremias Erdogan im Interview über seinen Gedichtband „Zwischen den Büchern“. Das Buch ist eine Einladung.

Jeremias Erdogan über das Schreiben und seinen Lyrik-Band „Zwischen den Büchern“

Zwischen den Buechern interview

Herr Erdogan, Ihr Buch „Zwischen den Büchern“ hat eine Geschichte, die ziemlich tief in die Vergangenheit reicht. Stimmt es, dass Sie bereits als Zehnjähriger daran arbeiteten?

Es ist richtig, dass meine Reise in die Welt der Lyrik früh begann. Als Kind in einem Kinderheim gab es viele Geschichten um mich herum. Ich habe den Menschen zugehört, die dort lebten – ihren Sehnsüchten, Träumen, ja sogar ihren Kämpfen. Diese Erlebnisse gingen in meine Texte ein und lehrten mich, die Komplexität des Lebens in Worte zu fassen.

Welche Themen und Motive sind Ihnen in Ihrer Lyrik wichtig?

Ich denke, es ist wichtig, jeden Aspekt einer Persönlichkeit zu beleuchten. Es ist von größter Bedeutung, sich selbst zu kennen, um offen für neue Eindrücke und Erfahrungen zu sein. Natürlich ist es erst wichtig zu verstehen, was Hoffnung ist, um eine Quelle der Schöpfung zu haben, falls man Zorn verspürt. In seinen Entscheidungen sollte man stets versuchen, Objektivität zu wahren.

Was hat es mit dem „Meister der Geschichten“ auf sich, der einem Ihrer Gedichte den Namen schenkt – ist er die Verkörperung der Phantasie?

Der Meister der Geschichten verkörpert den „objektiven Beobachter“ und zugleich auch denjenigen, der selbst in der Handlung als Protagonist oder Antagonist agiert. Die Welt, in der er sich befindet, kann er nur zum Teil durch seine Fantasie steuern. Es ist wie im richtigen Leben: Die Einwirkung der Umwelt beeinflusst das Individuum und ist nur schwer steuerbar. Trotzdem möchte ich in diesem Buch versuchen, den Leser dazu zu inspirieren, sich selbst als Meister der Geschichten oder vielmehr als Meister seines Lebens zu betrachten.

„Dechiffrieren wir unsere Phantasie“ heißt es in Ihrem Gedicht Mathematik. Wie ist das gemeint?

Es bedeutet, dass wir aus unserer Phantasie Kunstwerke, Erfindungen und Möglichkeiten für ein ökologisches sowie ökonomisches Miteinander finden und entwickeln sollen.

Haben Mathematik und Lyrik etwas gemeinsam?

Definitiv, ich finde, das wurde in der Vergangenheit nicht ausreichend betont. Reime sind wie Mathematik in der Lyrik immer an Regelmäßigkeit gebunden. Die lyrisch geäußerten Normen, Werte und Gefühle erzeugen damit rhythmische oder arrhythmische Kompositionen, die meiner Ansicht nach mathematisch sind. Ich habe auch zum besseren Verständnis Bilder eingefügt, die die Beziehung zwischen Mathematik, Lyrik und Kunst darstellen. Beispielsweise habe ich beim „Bildenden Buchstaben“ das Lochkartenprinzip aus dem 18. Jahrhundert, das von alten Computern inspiriert ist, als Beispiel herangezogen, mit dem Ziel, eine Technologie darin zu verstecken.

In „Ein goldiges Tuch“ ist die Rede von Näherinnen, die verfolgt werden und außerdem von der abstoßenden Gier der Menschen. Verraten Sie uns noch mehr?

(Lacht) Ja, das mit der Gier … Das ist unser genetisches Bestreben und verbindet uns mit dem Tierreich. Aber es gibt etwas Wichtigeres in dem Gedicht, das später kommt: die Besinnung und die Vergebung.

„Das Erwachen der zweiten Sonne“ erzählt von einer Welt, in der die Wärme der Sonne verloren geht. Doch die Wesen, die diese Welt bevölkern, entdecken eine Möglichkeit, wie sie gemeinsam der drohenden Kälte und Armut entkommen können …

Das ist ein Gedicht, das physikalische und soziale Grundgesetze sowie Bedürfnisse miteinander verbindet. Es geht darum, gemeinsam etwas Positives zu erreichen und daraus gemeinsam zu profitieren.

Das ist eine optimistische Botschaft. Wie stoßen Sie auf die Themen Ihrer Lyrik?

Ich habe früher vielen Gleichaltrigen und älteren Bewohnern des Kinderheims, in dem ich gelebt habe, zugehört und begonnen, deren Geschichten in andere „Gewänder“ zu kleiden und aus einer objektiven Perspektive aufzuschreiben. Dort habe ich von ihren Sehnsüchten, der erlebten Gewalt sowie von lustigen Erlebnissen gehört. Nachdem ich ausgezogen war, habe ich versucht, meine eigenen Geschichten in mir selbst und auch in anderen Menschen zu finden. Dies zog sich bis zum Ende meiner Ausbildung als Staudengärtner. Bei Stauden Peters in Kranenburg arbeitete damals ein Meister seines Fachs, der mir während der Ausbildung viel beigebracht hat. Er fungierte als Inspiration für die Geschichte „Der Riese und die Engel“. Nicht nur, weil er so groß war wie einer, sondern weil er gutmütig war, immer mit anpackte und seine selbst verkauften Pflanzen stets gemeinsam mit uns putzte.

Gibt es etwas, das Ihnen dabei hilft, kreativ zu sein?

Ja, die soziale Interaktion mit meinem Gegenüber und die Vielseitigkeit meiner beruflichen Erfahrungen sowie das Erlernen handwerklicher Fähigkeiten. Mein Lebenslauf ist häufig von Jobwechseln geprägt, da ich es liebe, mich weiterzubilden. Zudem arbeite ich gerne als Pflegefachassistent für Senioren. Mittlerweile möchte ich mir jedoch mehr Zeit für meine Bildung und für gemeinsame Kunstprojekte einplanen, um die Gesellschaft zu fördern.

Mal sind Ihre Gedichte gereimt, mal nicht. Wann entscheiden Sie, ob sich ein Gedicht reimen soll – bei der Planung oder beim Schreiben?

Ja, das ist Absicht. Eine Abweichung vom Schema ist mir immer wichtig, und teilweise reimen sich auch Wörter am Anfang oder an anderen Stellen im Text. Abwechslung macht die Texte lebendiger. Ich habe zudem viel Wert auf sprachliche Mittel – auch auf Anakoluth – gelegt. (lacht) Die Botschaft steht dabei im Vordergrund, und sie in ein eigenes Reimschema zu bringen, ist eine echte Herausforderung. Lyrik sollte hierzulande mehr Beachtung geschenkt werden. Es ist auch zu beachten, dass „Zwischen den Büchern“ eine Sammlung von vielen Werken ist, die über Jahre hinweg entstanden sind.

Ihre Gedichte werden begleitet von farbenprächtigen Illustrationen. Wie sind diese Bilder entstanden?

Die Bilder, die meine Gedichte zieren, entstanden überwiegend bis zur ersten Publikation im Jahr 2013. Manchmal entsteht zuerst das Bild, manchmal das Gedicht. Wichtig ist mir, dass sie sich gegenseitig ergänzen und eine Einheit bilden. Zur Neuauflage 2023 habe ich sogar weitere Illustrationen hinzugefügt, um diesen Dialog weiter zu vertiefen.

Welche Techniken wenden Sie an?

Zunächst erstelle ich ein Bildskript auf Papier, danach erfolgt in der Regel die digitale Ausarbeitung. Das finde ich sehr ressourcenschonend; man kann viel verändern und muss nicht so sehr auf die Bäume Rücksicht nehmen. Diese digitalen Entwürfe werden meist zunächst veröffentlicht. Für kunstinteressierte setze ich die Kunstwerke dann auf Leinwand mit Rahmen um. Für die Realisierung verwende ich unterschiedliche Materialien und Methoden. In dem Buch habe ich einen tabellarischen Bildnachweis entwickelt. Diese Art von Bildnachweis gibt Aufschluss über die verwendeten Techniken und die abgebildeten Pflanzen in den Bildern. Er soll den Lesern als Inspiration dienen und meine Arbeit greifbarer machen.

Es gibt eine direkte Verbindung der Kunstwerke zu Ihrem Brotberuf – Sie absolvierten eine Ausbildung zum Staudengärtner. Pflanzen sind Ihnen wichtig.

Es wird oft gesagt, dass Pflanzen und Kunst miteinander verwoben sind, doch Pflanzen niemals menschliche Eigenschaften wie beispielsweise Berührungen empfinden können. Diese fälschliche Sichtweise möchte ich in meinen Bildern widerlegen, insbesondere aufgrund meiner Beobachtungen von Mimosa pudica. In meinen Kunstwerken gebe ich den Pflanzen die Möglichkeit, auf Wellen zu reiten, oder ich zeige, dass es in der Natur ein verborgenes Gesicht gibt, das es zu erforschen und zu schützen gilt. Damit möchte ich die Komplexität und den Zauber der Pflanzen verdeutlichen und den Lesern einen neuen Blick auf sie eröffnen. Meine Liebe zu Pflanzen fließt auch in meine Lyrik ein, wo ich ihre Schönheit und Bedeutung zelebriere. Sie sind nicht nur Teil unserer Umwelt, sondern auch Quelle der Inspiration, die uns dazu auffordert, ihre Vielfalt und ihre Rolle im Ökosystem zu schätzen.

Gibt es Leser, an die Sie beim Schreiben besonders gedacht haben? Sind Ihre Gedichte für Erwachsene und für Kinder geeignet?

Ich schreibe gerne ein kurzes, aber prägnantes Buch. Es ist wie eine Einladung: „Hallo, ich bin hier! Ich habe zwar nicht viele Seiten, aber du kannst mit mir viel erleben, und ich bringe dich dorthin, wo du hin willst.“ Das Buch ist auch für Menschen gestaltet, die nicht viel Freizeit zum Lesen haben, aber sich eine kleine Auszeit gönnen möchten. Ich hoffe, dass Eltern ihren Kindern das Buch gemeinsam vorlesen – leider erscheint mir das in der heutigen Zeit eine recht naive Vorstellung. Das Buch enthält auch gewalttätige Aspekte, da es aus meiner Ansicht wichtig ist, die Kinder auf die harten Seiten des Lebens ein wenig vorzubereiten. In gemeinsamer Diskussion kann man die Werte des Heranwachsenden stärken und ihnen zu einer besonderen Größe verhelfen. „Zwischen den Büchern“ ist jedoch mit seinen vielfältigen Vorzügen auch für Erwachsene geeignet.

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ISBN 978-3734702730

158 Seiten

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