Auf diesem Buch steht Bill Clinton drauf und da ist auch Bill Clinton drin
Bill Clintons und James Pattersons Roman „The President Is Missing” zu lesen, lohnt sich schon allein deshalb, weil der ehemalige US-Präsident an diesem Buch mitgewirkt hat. Dass Bill Clinton hier selbst Hand angelegt hat, ist an vielen Stellen des Thrillers deutlich zu spüren. Denn so detailliert und glaubwürdig wie die Gedanken des US-Präsidenten, der in „The President Is Missing“ Duncan heißt, geschildert werden, kann sich das auch ein erfahrener Autor wie James Patterson nicht einfach ausdenken. Auf diesem Buch steht Bill Clinton drauf und da ist auch Bill Clinton drin.
Klar denkt man beim Lesen von „The President Is Missing“ ständig an Clinton
Dieses Leseerlebnis macht dann auch tatsächlich von Anfang an Freude. Gerade im ersten Teil erfahren wir viel über das Leben im Weißen Haus: über Sicherheitsvorkehrungen, über die einzelnen Räume und über die unterirdischen Gänge, die die wichtigste Machtzentrale der Welt etwa mit einzelnen Ministerien verbinden. Außerdem über den engsten Kreis an Mitarbeitern, die den Präsidenten umgeben und die Ränkespiele die sie sich untereinander liefern. Der Thriller ist in den Passagen, die den US-Präsidenten betreffen, aus der Ich-Perspektive erzählt. Dadurch rücken wir Duncan noch näher, wobei es schwer ist, nicht ständig Bill Clinton im Kopf zu haben; dies obwohl Duncan als ein völlig anderer Typ beschrieben wird. Er ist Kriegsveteran, hat seine Frau verloren – sie ist an Krebs gestorben – aber er hat eben auch eine Tochter, die uns doch wieder an Bill Clintons Tochter denken lässt.
Der US-Präsident muss davon ausgehen, dass ihn jemand verraten hat
Auch die Storyline, die der Thriller bietet, funktioniert: Durch einen Trick wird der US-Präsident dazu gebracht, sich mit einer unbekannten Person zu treffen. Bedingung für das Treffen ist, dass er allein kommt. Und so fährt Duncan das erste Mal seit Jahren wieder eigenhändig Auto. Es ist lustig, wie die Aufregung des Präsidenten über diesen für jeden anderen Menschen alltäglichen Vorgang beschrieben wird. Überhaupt schwingt in diesem als Spannungsroman konzipierten Buch immer wieder eine angenehme Dosis Humor mit. Dass US-Präsident Duncan sich auf diese gefährliche Verabredung überhaupt einlässt, hat damit zu tun, dass ihm die Person ein Codewort nennt, welches nur eine Handvoll Mitarbeiter, also der wirklich allerengste Kreis um den Präsidenten, kennt. Duncan muss davon ausgehen, dass es einen Verräter im engsten Zirkel der Macht gibt.
Im Mittelteil verliert „The President Is Missing“ etwas an Spannung
In der Folge des Treffens verschwindet der US-Präsident von der Bildfläche. Aus diesem Motiv und natürlich staatspolitisch vollkommen unerhörten Vorgang ergibt sich auch der Titel des Romans „The President Is Missing“. Im Mittelteil des Thrillers verliert die Geschichte etwas an Spannung. Das hängt ein wenig mit dem Sujet der Handlung zusammen: Die USA werden per Cyberangriff von einem Terroristen namens Suliman Cindoruk attackiert. Zentrale Infrastruktur wie etwa die Wasserversorgung Amerikas steht auf der Kippe. Dieses Szenario ist in realiter wirklich erschreckend. Allerdings ist es schwierig, die dann folgende Jagd auf die Cyberangreifer auch packend zu schildern. Ein Krieg im Internet läuft über Computer, über Zahlen, über Codes. Es ist Mathematik. Das ist für Menschen, die sich mit dem Informatik-Kauderwelsch auskennen, vielleicht fesselnd; aber für den durchschnittlichen Leser sind Mord und Totschlag anschaulicher zu vermitteln.
Bill Clinton und James Patterson liefern richtig gute James-Bond-Action
Dieser Leser aber kommt im letzten Drittel des Thrillers voll seine Kosten: Der Cyberwar rückt nämlich wieder in den Hintergrund, eine schwangere Agentin fährt einen James-Bond-tauglichen Angriff auf das geheime Präsidenten-Camp, es wird geschlichen, getaucht, geklettert und geschossen – und man ist als Leser wieder begeistert bei der Sache. Eines der letzten Kapitel fällt dann noch einmal völlig aus dem üblichen Thriller-Rahmen: Es besteht aus einer Rede des US-Präsidenten an die Nation. Diese Rede ist beeindruckend, denn sie passt in ihrem Grundtenor perfekt auf das Trump-Amerika. Duncan erklärt darin die freiheitlichen Errungenschaften der Vereinigten Staaten von Amerika und wieso es sich lohnt, die Demokratie gegen Populisten zu verteidigen. Das ist eine schöne, eine mitreißende Rede, die Bill Clinton sofort vor jeder Versammlung der Welt halten könnte. Und er würde dafür viel Beifall bekommen.
Unser Fazit über „The President Is Missing” ist eindeutig
Als Fazit lässt sich folgendes festhalten: Bill Clintons und James Pattersons „The President Is Missing“ ist ein solider Thriller, mit dem man ordentlich unterhalten wird. Sehr zu lesen lohnt er sich für alle, die sich für Politik, Bill Clinton und dafür interessieren, wie es im Weißen Haus hinter den Kulissen zugeht.