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Gerhard Polt über Islamisten, die Heimat und das Fluchen.

“Geht in Ordnung – sowieso – ja mei” – Interview mit Gerhard Polt

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Jörg Steinleitner:  Grüß Gott, Herr Polt, waren Sie gerade beim Schneeschaufeln?

Gerhard Polt:  Ja.

Jörg Steinleitner:  Wir wollen mit Ihnen über die Live-Lesung sprechen, die Sie mit Eckhard Henscheid im vergangenen Jahr in Zürich gemacht haben und aus der das Hörbuch “Geht in Ordnung – sowieso – ja mei” entstanden ist. Da kommt in einer Ihrer Geschichten auch ein grimmiger Hund vor. Der Hund sitzt unter einem Wirtshaustisch und der Ich-Erzähler versucht, ein Paar Würstel zu essen und ein Bier zu trinken, was aber angesichts des Hundes ziemlich gefährlich ist. Der Hund kommt bei dieser Geschichte noch relativ gut weg. Der Besitzer nicht so. Wie stehen Sie im echten Leben zu Hunden und deren Besitzern?

Gerhard Polt:  Ich habe nie eine einhellige Meinung zu Hunden und zu Besitzern gehabt.

Jörg Steinleitner:  Haben Sie einen Hund?

Gerhard Polt:  Nein.

Jörg Steinleitner:  Und Ihre Kinder, wollten die auch nie einen?

Gerhard Polt:  Nein.

Jörg Steinleitner:  Der typische Hundebesitzer-Spruch ist ja: Der tut nichts. Eigentlich immer eine Lüge, oder?

Gerhard Polt:  Ja, immer net, des kommt darauf an. Das sind halt Versprechungen. Die sind halt so ernst zu nehmen, wie Versprechungen immer ernst zu nehmen sind. Wenn er gebissen hat, dann sagen sie: „Normalerweise beißt er nicht.“

Jörg Steinleitner:  Haben Sie Angst vor Hunden?

Gerhard Polt:  Das kommt auf den Hund drauf an.

Jörg Steinleitner:  Vielleicht vor bestimmten Hunderassen?

Gerhard Polt:  Ich bin kein Rassist.

Jörg Steinleitner:  Auch vom Beschimpfen anderer handelt eine Geschichte. An deren Ende entscheidet ein Gericht, dass ein Kinderarzt im Gegensatz zu einem Hausmeister kein Bayer sein kann und deswegen auch nicht schimpfen darf wie es Angehörigen des „drastischen Volksstammes“ erlaubt ist. Wie drastisch darf denn ein bayerischer Kinderarzt im Unterschied zu einem bayerischen Hausmeister maximal schimpfen?

Gerhard Polt:  Er muss halt vorher zum nächsten Anwalt gehen und fragen.

Jörg Steinleitner:  Warum darf ein Hausmeister drastischer schimpfen als ein Kinderarzt?

Gerhard Polt:  Das ist nicht eine Frage des Dürfens, sondern eine Frage des Könnens. Es gibt eine bestimmte Wortgewalt, die halt in Bezug auf bestimmte Themen bezogen Hausmeister besser ausüben können als Kinderärzte.

Jörg Steinleitner:  Sicher schimpfen Sie auch manchmal drastisch – was kommt da raus bei Ihnen?

Gerhard Polt:  Das weiß ich nicht. Da würde ich mich festlegen müssen und das weiß ich nicht. Das kommt immer drauf an.

Jörg Steinleitner:  Was für Schimpfwörter kommen denn so raus aus Ihnen?

Gerhard Polt:  Was da raus kommt weiß ich nicht, keine Ahnung, ich überrasche mich dann selber gern. Es ist doch so, dass man immer diesen Wortschatz anwendet, der gerade verfügbar ist. Ich würde jedenfalls beim Fluchen nicht so lange warten bis mir was einfällt.

Jörg Steinleitner:  Weil es direkt aus dem Herzen kommt?

Gerhard Polt:  Das weiß i net, ob’s aus dem Herzen kommt.

Jörg Steinleitner:  Ihre Lesung ist nicht immer lustig, sondern vor allem in einem Text auch bitter: In diesem Stück werden die Röntgenbilder eines schwer an Krebs erkrankten Künstlers von dessen Galeristen des Geldes wegen zum Kunstobjekt degradiert. Wollten Sie damit einen versauten Kulturbetrieb brandmarken?

Gerhard Polt:  Ich will’s gar nicht brandmarken, das ist eine Beobachtung, die ich gemacht habe, aus der Realität und inwieweit sie symptomatisch ist, überlasse ich dem Hörer.

Jörg Steinleitner:  Woher kennen Sie Ihren Lesungspartner Eckhard Henscheid?

Gerhard Polt:  Durch immer wiederkehrende Begegnungen.

Jörg Steinleitner:  Die erste?

Gerhard Polt:  Im Moment fällt’s mir nicht ein, aber bei näherem Suchen tät’s mir sicher einfallen.

Jörg Steinleitner:  Was schätzen Sie an ihm?

Gerhard Polt:  Dass er ein ausgesprochen gescheiter und auch vor allem ein sehr humorvoller Mensch ist. Ein gebildeter, gescheiter und humorvoller Mann.

Jörg Steinleitner:  Von der Heimat und vom Fremdsein erzählen Sie bei Ihrer Lesung auch. Was bedeutet Heimat für Sie?

Gerhard Polt:  Keine Ahnung. Täglich was anderes.

Jörg Steinleitner:  Heute?

Gerhard Polt:  Das weiß ich noch nicht. Ich habe noch nicht darüber nachgedacht.

Jörg Steinleitner:  Und wenn Sie jetzt darüber nachdenken?

Gerhard Polt:  Das weiß ich nicht, ob ich das heute noch mache, das lasse ich offen.

Jörg Steinleitner:  Und gestern?

Gerhard Polt:  Gestern habe ich keine Zeit gehabt für das Thema. (Pause) Gestern habe ich gelesen in der Zeitung, dass die Heimat des Islamisten nicht die Heimat die Karikatur ist.

Jörg Steinleitner:  Wortwörtlich?

Gerhard Polt:  Das habe ich so herausgelesen.

Jörg Steinleitner:  Was sagen zu diesen Vorfällen?

Gerhard Polt:  Gar nix.

Jörg Steinleitner:  Einen Wohnsitz haben Sie auch im italienischen Terracina bezogen. Ist das auch Heimat für Sie – oder eher Fremde?

Gerhard Polt:  Ich weiß nicht, ob in der Frage, im entweder oder, die Lösung liegt.

Jörg Steinleitner:  Sondern?

Gerhard Polt:  Es gibt ja auch a fremde Heimat, eine befremdende Heimat und es gibt heimatliche Fremde, man kann das ja in allen Varianten durchspielen, je nachdem wie man es empfindet. (Pause) Ich empfinde die Heimat anders in Terracina, wenn ich vor guten Spaghetti sitze, als wenn ich dort in Glasscherben hineintrete.

Jörg Steinleitner:  Sie sind heute ganz schön gesprächig.

Gerhard Polt:  Ich versuche immer, so weit ich’s kann, der Plattitüde zu entgehen, was soll man sonst machen.

Jörg Steinleitner:  Da bin ich auch ratlos. Aber mit einem Ihrer Stücke entlarven Sie als Ghostwriter den Sprachstil eines bayerischen Politikers. Mit einem anderen den eines geistlichen Würdenträgers. Regen Sie Politiker und Geistliche besonders auf?

Gerhard Polt:  Na, ich find’s eher komisch.

Jörg Steinleitner:  Herr Polt, vielen Dank für das Gespräch.

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Jörg Steinleitner

Geboren 1971, studierte Jörg Steinleitner Jura, Germanistik und Geschichte in München und Augsburg und absolvierte die Journalistenschule. Er veröffentlichte rund 25 Bücher für Kinder und Erwachsene. Steinleitner ist seit 2016 Chefredakteur von BUCHSZENE.DE und lebt mit Frau und drei Kindern am Riegsee.

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