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Esther Schweins verwandelt Kate Mortons Roman „Das Seehaus“ in ein Hörbuch, dessen Anziehungskraft man sich unmöglich entziehen kann.

Ich fühle mich schon immer als Glückskind – Esther Schweins im Interview

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Im Gespräch mit buchszene.de spricht die vielseitige Schauspielerin Esther Schweins, die seit Ihrer Zeit als RTL SamstagNacht-Comedian zu Deutschlands bekanntesten Gesichtern zählt, über Magnolien, Frauen über 40, ihre Arbeit, die Schönheit Cornwalls und das Hörbuchhören mit ihren Kindern.

„Mit über 40 wird’s erst richtig interessant!“

Frau Schweins, wenn man schaut, was Sie in den vergangenen 20 Jahren gemacht haben, dann kann man nur staunen: Sie waren in RTL SamstagNacht Deutschlands schönste witzige Frau, sie moderierten anspruchsvolle Kultursendungen für 3Sat und zeigten in Fernseh- und Kinofilmen eine schauspielerische Bandbreite, die von „Shrek“ über die „Vorstadtkrokodile“ und Donna Leon bis zu „Die Anruferin“ und „Mara und der Feuerbringer“ reicht. Sind Sie ein Glückskind, dem all diese spannenden Aufgaben zufallen?

Tatsächlich hat sich erfüllt, was ich mir als junger Mensch von meinem zukünftigen Beruf wünschte: immer wieder neu anfangen zu dürfen. Die Schauspielerei fordert Offenheit für neue Erfahrungen. Stetige Weiterentwicklung der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten gehören sozusagen zum Berufsbild. Als Glückskind fühle und bezeichne ich mich eigentlich immer und gerade in Hinblick auf meine berufliche Laufbahn. Ich war zu oft zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, als das ich dies nicht auch einer glücklichen Fügung zuschreiben würde.

Viele Schauspielerinnen beklagen, dass es zu wenige spannende Rollen für Frauen über 40 gibt. Sie haben das Problem ja offensichtlich nicht.

Es gibt auch zu wenige spannende Rollen für Frauen unter 40. Aber zu Ihrer Frage: Mit ü40 wird’s erst richtig interessant, mit ü50 wird‘s spannend, ü60 wird es heiß, ü70 fängt nach Henry Miller die Jugend überhaupt erst an und danach kann man‘s richtig krachen lassen. Meine Wahrnehmung ist, dass immer mehr Geschichten erzählt werden, die die Lebensmitte und immer stärker auch die Lebenszeit danach im Visier haben. Frauen jenseits der 40 spielen tragende Rollen in unserer Gesellschaft und dieser Umstand bildet sich auch im Fiktiven ab. Überhaupt sehe ich überall tolle, interessante, charaktervolle, erotische Frauen die ein Maximum an Aufmerksamkeit weit jenseits der 40 auf sich ziehen. Darunter nicht wenige Schauspielerinnen. Ich mache mir dahingehend also keine Sorgen, die habe ich mir nie wirklich gemacht. Ich entwickle und verändere mich, die Zeiten auch.

Nun legen Sie das zweite Hörbuch mit einem Text der britischen Bestsellerautorin Kate Morton vor. Sie lesen leise und ein bisschen heiser, wodurch eine unglaublich fesselnde, intime Atmosphäre entsteht. Wenn man Ihnen lauscht, meint man geradezu, Sie neben sich sitzen zu haben. Wie gehen Sie vor, um den richtigen Tonfall für ein Hörbuch zu finden?

Ich lese das Buch ja selbst vorher und mache mich mit den Figuren und deren Schicksalen vertraut. Während ich mir selbst vorlese, werden sie zu meinen Hausgästen und ihre Geschichte auch meine. Ich heimse mir die Geschichte quasi ein, stehle sie von Kate Morton oder anderen Autoren. Das ist ein diebisches Vergnügen und darüber stellt sich der hoffentlich „richtige Tonfall“ für diese oder jene Geschichte ein. Bei sämtlichen Random-House-Hörbuch-Aufnahmen war als Regisseurin Sabine Buss mit mir im Studio. Wir kennen uns lange und sie liebt Literatur und ihren Klang. Manches Mal erkenne ich schon an der Art wie sie die Luft einzieht, dass und was ich warum und wie ich einen Absatz noch einmal einlese. Und nichts ist schöner, als ein „das ging jetzt aber unter die Haut“ von ihr.

„Das Seehaus“ spielt auf einem Landgut im Cornwall von 1933, wo ein Kind spurlos verschwindet. Die Familie verlässt das Anwesen für immer. 70 Jahre später nimmt eine Polizistin den ungeklärten Fall des verschwundenen Kindes wieder auf. Warum haben Sie gesagt: Dieses Hörbuch will ich sprechen?

Bei Kate Morton ranken sich die immer mehrere Generationen übergreifenden Geschichten um Frauen und deren über lange Zeit hinweg gutgehütete, erschütternde Geheimnisse. Morton lässt uns große Nähe zu ihren Figuren aufbauen. Sie werden uns ganz und gar verwandt und Mortons Kniff, uns nie so lange mit einer Figur auf deren Zeitebene verweilen zu lassen wie wir es gerne hätten, macht es fast unmöglich das Buch zur Seite zu legen. „Das Seehaus“ ist nun der vierte Roman, den ich von Kate Morton eingelesen habe, und wieder war ich bei der „Vorarbeit“ als Leserin entzückt und beim Einlesen entrückt.

Waren Sie selbst schon mal in Cornwall?

Ich war 2014 für fünf Wochen in Cornwall für eine Pilcher Verfilmung. Ich bin nachhaltig begeistert. Tatsächlich hatte mir keine Vorstellung machen können von dieser Sattheit der Vegetation. Magnolien Himmelhoch, Rotbuchen von einem Rot wie es das Auge sonst nirgendwo sieht. Ein grün so verwöhnt von Klima, Wasser und Sonne, dass man es nicht fassen kann, und Küsten die atemberaubend sind. Alles ist sanft und fein und stark und harsch zur selben Zeit. Ein wirklich schöner Flecken Erde an dem die vor Jahrhunderten angelegten Gärten und Parkanlagen allesamt einen Besuch wert sind.

Wie bereiten Sie sich auf eine Hörbuchaufnahme vor?

Ich versuche mich nicht zu erkälten.

Wenn man ein Hörbuch wie dieses – mit einer Länge von 6 CDs – aufnimmt, dann bedeutet das tagelange höchste Konzentration. Empfinden Sie das Sprechen als große Anstrengung oder geht Ihnen das ganz leicht von der Hand?

Ich liebe es im Studio zu sitzen und zu lesen. Ich habe dieses Arbeiten mit der Stimme sehr schätzen gelernt. Ich tauche voll ein und bin am Ende eines Tages glücklich über das Geschaffte und freue mich auf den nächsten Tag. Beim Einlesen im Studio dehnt sich die Zeit aus, ich bin voll konzentriert und total entspannt. Ich verschwinde hinter dem, was ich tue und im Idealfall auch das Studio und der Rest der Welt. Herrlich! und das Ganze ohne Kostüm und Maske, in Wohlfühlklamotte mit Füßen auf dem Tisch, wenn ich will. Ich kann grimassieren, mit den Armen wedeln, was auch immer, keiner sieht’s hinterher.

Was nervt im Studio?

In einem Studio gibt es eigentlich nichts, das nerven kann. Auch nichts, das ablenkt. Die wenigen Dinge darin haben ihren Sinn und Zweck. Das ist die für mich wohltuende Atmosphäre eines Studios. Wenn Sie Filmaufnahmen und Hörbuchaufnahmen vergleichen: Was ist beim einen schöner, was beim anderen? Beides ist nicht miteinander vergleichbar. Das eine ist die Erweiterung des Betätigungsfeldes des anderen, je nach Herangehensweise. Ich liebe beides, genieße aber, dass ich an Tagen, an denen ich ein Hörbuch einlese um acht Uhr gemütlich frühstücke und Zeitung lese, während ich beim Dreh zur selben Zeit in Kostüm und Maske meist frierend schon die erste Klappe hinter mir habe.

Was bedeuten Ihnen selbst Hörbücher für Ihr Leben?

Ich selbst lese lieber, genieße aber sehr wenn ich mit den Kindern z.B. „Pinocchio“ höre, von der großartigen Rosemarie Fendel gelesen, oder „Räuber Hotzenplotz“, gelesen von Armin Rohde. Ganz hoch im Kurs steht auch der „Drache Kokosnuss“ und genauso hoch sein Sprecher Philip Scheppmann.

Frau Schweins, bitte verraten Sie unseren Lesern zum Abschluss, warum sie sich Ihr neues Hörbuch auf keinen Fall entgehen lassen sollten.

Es ist einfach zu gut, um es sich entgehen zu lassen.

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<a href="https://buchszene.de/redakteur/joerg-steinleitner/" target="_self">Jörg Steinleitner</a>

Jörg Steinleitner

Geboren 1971, studierte Jörg Steinleitner Jura, Germanistik und Geschichte in München und Augsburg und absolvierte die Journalistenschule. Er veröffentlichte rund 25 Bücher für Kinder und Erwachsene. Steinleitner ist seit 2016 Chefredakteur von BUCHSZENE.DE und lebt mit Frau und drei Kindern am Riegsee.

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